Viele Chefs oder Kollegen meinen sich durch rumschreien verständlich machen zu müssen, wenn sie ein Problem mit Auszubildenden oder anderen Mitarbeiter_innen haben. Dieses Verhalten zeugt von ihrer Schwäche, egal ob du einen Fehler gemacht oder nur deine Meinung gesagt hast. Er kann sich nicht zivilisiert verständigen, er wendet Gewalt (laute Stimme) zur vermeintlichen Lösung eines Problems an, er projeziert sein Scheißleben auf den Konflikt und damit auf dich. Wenn du das im Hinterkopf hast, während er sich heiser gröllt, hast du schon gewonnen und kannst dich eigentlich nur noch über den Hampelmann lustig machen. Im besten Fall reicht das um ruhig zu bleiben.
Danach hast du mehrere Optionen. Du kannst zurückschreien, was verständlich wäre, aber dir einen Vorteil aus der Hand nimmt. Du kannst ihm sagen, dass er zu dir kommen kann, wenn er wieder in der Lage ist vernünftig zu kommunizieren (Favorit!) und du kannst es über dich ergehen lassen und ihm eine fette Abmahnung verpassen. Laut Berufsbildungsgesetz ist der Ausbilder verpflichtet "dafür zu sorgen, dass Auszubildende charakterlich gefördert sowie sittlich und körperlich nicht gefährdet werden". Die Zeiten, dass Richter*Innen rumschreien als charakterförderlich akzeptiert haben, sind zum Glück vorbei. Übrigens nicht zuletzt deswegen, weil sich Leute dagegen gewehrt haben. Wenn er dich anschreit, verletzt er seine Pflichten als Ausbilder und du kannst ihn anscheißen. Freilich sollte das der letzte Schritt sein, wenn du ihn nicht sonst irgendwie vermitteln kannst, dass sein Verhalten das Allerletzte ist und du das nicht akzeptieren musst. Wo sind wir denn hier? Hab nur auf dem Schirm, was passiert, wenn du den Weg mit den Abmahnungen weitergehst. Du kannst ihm ein Bußgeld aufdrücken (von rechtswegen) oder eben dann außerordentlich kündigen.
"Als ich neulich in die Firma kam, hatte mein einer Meister (nicht Ausbilder) schon eine Scheiß Laune. Ich sollte am Tag zuvor eine Tür abschleifen, hatte aber keine Lust ewig Überstunden zu machen. Als er das mitbekommen hat, kam er zu mir und schrie mich an, warum die Tür nicht fertig sei. Als ich darauf verwies, dass Überstunden freiwillig sind, rastete er komplett aus und sagte ich solle mich verpissen und Urlaub nehmen. Auch das verneinte ich, blieb dabei auch ganz ruhig. Er packte mich dann am Arm und zog mich hinter sich her. Ich meinte bloß, dass das für ihn Konsequenzen haben wird und ich mich bei jedem Beschwerden werde, der mir einfällt (Handwerkskammer, Innung und soweiter). Er konnte sich gerade noch zurückhalten mir eine zu ballern und ist abgehauen. Ich bin dann sofort zu meinem Ausbilder gegangen und habe mich beschwert. Der hat mich dann angehört und die ganze Situation beruhigte sich etwas. Das war echt ein beschissener Tag. Ich habe dann noch ein Gedächnisprotokoll geschrieben, damit ich mich bei späterem Streß an alles erinnern kann. Zum Schluß konnte ich es mir nicht verkneifen und habe mich noch bei der Handwerkskammer über den Meister beschwert. "