Ausbildungsvertrag auflösen

Einleitung

Wir halten es für Quatsch, Dinge durchzuziehen nur weil man sie angefangen hat, wenn man aus welchen Gründen auch immer keinen Bock mehr drauf hat. Klar ist, die Entscheidung für einen Abbruch der Ausbildung sollte nicht leichtfertig getroffen werden. Ist der Entschluss aber einmal gefasst und alle anderen Optionen vom Tisch, sind einige Dinge zu beachten.

Nach der Probezeit aus dem Ausbildungsvertrag rauszukommen ist aufwendig, aber möglich! Sowohl du, als auch dein Ausbildungsbetrieb können den Vertrag aus verschiedenen Gründen auflösen. Oft sind dabei Fristen einzuhalten. Mit sofortiger Wirkung kann der Vertrag aufgelöst werden, wenn beide Parteien damit einverstanden sind oder ein schwerwiegender Vertragsverstoß vorliegt (siehe unten). Die Statistik besagt, dass jeder fünfte Ausbildungsvertrag aufgelöst wird.

Von dir aus

Vor Ausbildungsbeginn und während der Probezeit kannst du den Ausbildungsvertrag jederzeit und mit sofortiger Wirkung schriftlich kündigen. Nach der Probezeit kannst du das regulär mit einer Frist von vier Wochen schriftlich und ohne Angabe von Gründen tun. Fristlos ist eine Kündigung von deiner Seite aus möglich, wenn du deinem Ausbildungsbetrieb „schwere Pflichtverletzung“ nachweisen kannst. Darunter fallen sexuelle Belästigung oder körperliche Gewalt am Arbeitsplatz, extremes Mobbing oder die Tatsache, dass es in der Firma keinen Ausbilder für dich gibt. Eine fristlose Kündigung musst du spätestens zwei Wochen nach dem Vorfall schriftlich einreichen. Andere Verstöße von Seiten des Betriebs, wie zum Beispiel systematisch schlechte Behandlung, unregelmäßige Lohnzahlung, zu viele Überstunden, ausbildungsfremde Tätigkeiten, schlechte/keine Vermittlung von Ausbildungsinhalten musst du zuerst mit einer Abmahnung (irgendwo musteridee anbringen - yeah) an deinen Betrieb beanstanden und ihn auffordern, die kritisierten Umstände zu ändern. Vorlagen dafür findest du im Internet. Scheu dich nicht davor davon Gebauch zu machen, wenn du mit Gesprächen nicht weitergekommen bist. Du musst dir nicht alles gefallen lassen!

"Da ich in meinem Betrieb die ganze Zeit allein war und sich niemand um mich kümmerte, wusste ich, dass ich meine Firma wechseln sollte. Nach 2 Monaten wusste ich nun worauf es ankommt und es war mir sehr wichtig, dass mein neuer Betrieb den Ausbildungsrahmenplan einhält. Also ging ich tagsüber auf Arbeit und suchte nachmittags nach anderen Firmen in meiner Nähe. Viele Betriebe gaben mir eine Abfuhr. Eine Tischlerei hatte dann aber irgendwie doch Bock und wollte sich mit mir treffen. Im nach hinein hatte ich ziemlich Glück, da ich ja keine Möglichkeit hatte Probe zu arbeiten. Ich fuhr vor der eigentlichen Arbeit in den neuen Betrieb und hatte eine Stunde für das Vorstellungsgespräch. Da habe ich auch gleich gesagt, dass es mir wichtig ist nicht nur Aushilfskraft zu sein, sondern auch etwas zu lernen. Ich schlug vor den Ausbildungsrahmenplan, den jede Tischlerei mit dem Ausbildungsvertrag von der Handwerkskammer zugeschickt bekommt durchzugehen. Nach 2 Tagen hatte ich dann die Zusage vom neuen Betrieb. Dann ging alles ziemlich schnell, da ich gleich am nächsten Tag anfangen sollte. Ich stand unheimlich unter Druck, weil das bedeutete, dass ich am gleichen Tag noch kündigen musste. Ich rief etliche Freunde, Bekannte und Familie an, um mir Tipps und Tricks geben zu lassen. Kurz vor dem Feierabend ging ich dann zu meinem Chef, sehr aufgeregt und nervös. Ich sagte ihm, was mich stört und dass es so nicht weiter gehen kann. Er versuchte alles, um mich nochmal umzustimmen. Das war der schwierigste Teil. Mein Entschluss stand und ich wollte und durfte mich nicht rumkriegen lassen. Irgendwann schüttelten wir uns dann noch die Hand und ich ließ ihm den Brief mit der Kündigung da. Am nächsten Tag war ich auch schon im neuen Betrieb und besprachen den Ausbildungsplan und ich kann sagen, dass ich nicht nur putzen, sondern auch hobeln, sägen und andere Sachen machen darf und muss."

Was, wenn du nur den Betrieb wechseln willst?

Zuerst brauchst du einen alternativen Ausbildungsbetrieb. Je weiter die Ausbildung fortgeschritten ist, desto leichter wird dir das fallen, weil du dann mehr Ahnung hast und öfter in der Firma bist. Pass auf, dass dein aktueller Ausbildungsbetrieb nicht über drei Ecken Wind von deinen Plänen bekommt. Oft sind die Firmen untereinander gut vernetzt. Probearbeiten kannst du eigentlich nur, wenn du in deinem jetzigen Betrieb Urlaub nimmst..
Pass aber auf, falls dein Betrieb vom Probearbeiten nichts weiß und das rausbekommt kann er dich auserordentlich kündigen. (Vgl. §8 Bundesurlaubsgestz)
Irgendwann kommst du um ein klärendes Gespräch mit deinem Chef nicht mehr herum. Wenn alles gut geht, einigt ihr euch und schließt einen Aufhebungsvertrag (siehe Kasten) ab. Darin versichert ihr euch gegenseitig, dass ihr keine weiteren Ansprüche (Ausbildungsvergütung, Schadensersatz...) aneinander stellt. Du kannst dann direkt im anderen Betrieb anfangen und die Handwerkskammer (die dich ja in der Lehrlingsrolle umschreiben muss) sollte keinen Stress machen. Sieh zu, dass du einen fließenden Übergang hinbekommst. Um deine Ausbildung abzuschließen zu können, musst du mindestens drei, dreieinhalb (eben die Ausbildungszeit)Jahre ausgebildet worden sein, sonst bekommst du keinen Schein. Wenn du absehen kannst, dass du noch ein paar Wochen brauchst, kann dir die Handwerkskammer bestimmte Abschlüsse, die du bereits hast (z.B.: Realschulabschluss) anrechnen, so dass du eine gewisse Zeit überbrücken kannst. Das ist immer eine Einzelfallbetrachtung, auf die du dich nicht blind verlassen solltest. Sprich am besten vorher mit der HWK. Denk auch daran dich arbeitslos zu melden, sonst bist du nicht krankenversichert.

Wenn der Betrieb dich nicht gehen lassen möchte, hast du zwei Optionen. Du machst dich in der Firma so unbeliebt, dass er dich freiwillig gehen lässt. Oder du kündigst regulär mit einer Frist von vier Wochen und musst dann höllisch aufpassen. Wenn du sofort in einem anderen Betrieb die Ausbildung fortsetzt, kannst du richtig Ärger mit der Handwerkskammer bekommen oder dein alter Betrieb verklagt dich auf Schadensersatz. Beides kannst du umgehen, indem du irgendwie nachweist, dass du gekündigt hast, weil du den Beruf nicht weiter lernen willst und dich für etwas anderes entschieden hast. Indem du ein Praktika machst, dich in der Hochschule einschreibst, Bewerbungen raushaust und so weiter. Wenn du dann doch feststellst (Hups!), dass der alte Beruf doch das Richtige für dich ist, geht das in Ordnung.

Vom Betrieb aus

Du genießt als Azubi einen besonderen Kündigungsschutz. Dein Betrieb kann dich nach Ablauf der Probezeit nicht ordentlich, d.h. unter Einhaltung einer bspw. vierwöchigen Frist, kündigen. Er kann dich nur loswerden, wenn du es richtig verbockst oder ihr euch gemeinsam auf einen Aufhebungsvertrag einigt. Es gibt eine Reihe von „Vergehen“, bei denen dich der Betrieb sofort fristlos kündigen kann. Hierzu gehört beispielweise wenn du geklaut, unerlaubt den Urlaub verlängert oder deinem Chef eins auf die Nase gegeben hast. Bei weniger krassen Verstößen muss dich dein Betrieb schriftlich und bald (ist nicht näher definiert) nach dem Vorfall abmahnen. Eine Kündigung kann bereits nach der ersten Abmahnung wegen desselben Vergehens erfolgen. Dabei kommt es vor allem auf den Zeitraum zwischen den beiden Abmahnungen an. Die Rechtsprechung gibt Abmahnungen eine Halbwertszeit von zwei Jahren. Gegen eine Abmahnung kannst du schriftlich Widerspruch mit Hilfe einer Gegendarstellung einlegen, die ebenfalls Teil der Personalakte wird. Sprich das am besten mit deiner Gewerkschaft oder der Handwerkskammer (bedenke aber, dass die HWK prinzipiell ein Arbeitergeberverband ist) ab. Außerdem muss der Vorwurf eindeutig bewiesen werden, ein Verdacht reicht nicht aus. Grundsätzlich ist eine Abmahnung kein Weltuntergang, mach dich deswegen bloß nicht fertig. Sie taucht auch nicht später im Arbeitszeugnis auf. Versuch dich nicht erwischen zu lassen!

Liste mit Vergehen, wegen denen du abgemahnt/gekündigt werden kannst:

  • Schwänzender Berufsschule
  • Unentschuldigtes Fehlen
  • Eigenmächtiger Urlaubsantritt
  • Verweigerung von Arbeitsanweisungen am Arbeitsplatz
  • Nichtbeachten von Sicherheitsbestimmungen am Arbeitsplatz
  • Missachtung von Verboten, zum Beispiel private Telefongespräche am Arbeitsplatz
  • Fahrlässige Beschädigung von Werkzeugen und Betriebseigentum am Arbeitsplatz
  • Nicht Führen der Ausbildungsnachweise
  • Nachgewiesener Diebstahl am Arbeitsplatz
  • Unfähigkeit für den Beruf zum Beispiel durch Krankheit
  • Firmengeheimnisse ausplaudern
  • Schwarz nebenher arbeiten
  • Körperliche Übergriffigkeiten deinerseits .

Der Betrieb kann dich nicht abmahnen, wenn du ihm zu schlecht bist, weder in der Schule noch im Betrieb!

Form Abmahnung:
Drei Unverzichtbare Bestandteile einer Abmahnung:

  • Beanstandung(konkret mit Orts- und Zeitangabe)
  • Hinweis, dass solches Verhalten nicht geduldet wird
  • Konsequenzen, wenn Verhalten nicht geändert wird

Betrieb geht insolvent

Ist selten, aber kommt vor. Weil dieser Fall einigermaßen komplex ist, verweisen wir auf einschlägige Seiten im Internet oder auf eine Beratung von deiner Gewerkschaft. Bist du Gewerkschafsmitglied hast du fette Unterstützung bei eventuellen rechtlichen Geschichten.
Meist hilft auch die Handwerkskammer zuverlässig dabei einen anderen Betrieb zu finden um die Ausbildung zu beenden.

Aufhebungsvertrag

Der Aufhebungsvertrag ist im Gegensatz zur Kündigung von beiden Parteien gewollt. Also sowohl von deinem Chef/deiner Firma, als auch von dir. Der Vorteil am Aufhebungsvertrag ist, dass er keinen Fristen unterliegt und es nicht nötig ist Gründe für die Aufhebung zu nennen. Mit so einem Aufhebungsvertrag kannst du also theoretisch jederzeit den Betrieb verlassen, wenn dein Chef der ganzen Sache zustimmt.

Wichtig zu wissen ist, dass der Aufhebungsvertrag unbedingt schriftlich festgehalten werden muss, da er andernfalls nicht gültig ist. Besprecht auch unbedingt, wie ihr mit Resturlaub, Ausbildungsvergütung, Überstunden ... umgeht und haltet das schriftlich fest. Sobald der Vertrag von beiden Seiten unterschrieben ist, gibt es relativ wenig daran zu rütteln. Im Zuge des Vertrages solltet ihr, wenn du das wünschst, auch über ein Arbeitszeugnis reden. Du hast in jedem Fall das Recht ein Arbeitszeugnis zu bekommen. Solltest du danach keine neue Arbeit haben, hast du für 12 Wochen keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld 1oder 2. Den hättest du nur, wenn trotz Aufhebungsvertrag die Kündigungsfrist eingehalten wird bzw. es einen wichtigen Grund für einen Aufhebungsvertrag gab.

"Leider musste ich relativ schnell feststellen, dass ich mit der Art und Weise der Ausbildung in meinem Lehrbetrieb nicht zufrieden bin. Also habe ich sehr lange nach Betrieben gesucht, welche besser zu mir passen könnten. Die Suche hat fast acht Monate gedauert. Wenn ich etwas gefunden hatte, habe ich dort angerufen und kurz die Situation erläutert. Es gab viele Absagen mit den üblichen Worten wie: "Dieses Jahr nicht", "haben schon einen" oder "wir bilden nicht aus". Irgendwann hat dann aber tatsächlich ein Betrieb eine Einladung zum Vorstellungsgespräch gegeben. Dort musste ich dann erklären, warum ich wechseln möchte und wie ich mir die Ausbildung vorstellen würde. Außerdem habe ich klar gestellt, dass ich eine schriftliche Zusage für die Übernahme brauche. Mit so einem Wisch fühlt man sich einfach besser, wenn man kündigt und die Ausbildung weiter machen will. Probe arbeiten musste ich nicht. Als ich dann die Übernahme-Zusage hatte, bin ich zu meinem Ausbilder gegangen (mit dem ich nie wirklich Stress hatte) und habe ihm die Situation erklärt. Natürlich war ich aufgeregt und habe immer wieder nach einem guten Zeitpunkt gesucht, irgendwann standen wir dann alleine auf dem Hof und dann habe ich einfach angefangen. Er hat mich dann auch gleich ins Büro gebeten, wo wir dann in Ruhe reden konnten. Ich habe ihn damit ziemlich überrumpelt und er hat mir dann geholfen, die Information an die wichtigen Stellen im Betrieb weiterzuleiten. Von mir kam dann auch die Anregeung, die ganze Sache über einen Aufhebungsvertrag zu regeln. Mein alter Betrieb ist dan n auch allen meinen Wünschen und Forderungen nachgekommen und hat mir keine Steine in den Weg gelegt. Ich habe auch bis zum letzten Tag im Betrieb normal gearbeitet und es nicht locker angehen lassen. Zum Schluss habe ich aber noch meinen Resturlaub genommen, damit der neue Betrieb sich damit nicht beschäftigen muss. Bei mir hat der Wechsel also gut gklappt und es hat sich auf jeden Fall gelohnt."

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