Sich innerhalb der Arbeit selbst zu organisieren, möglichst hierarchiearme und herrschaftskritische Arbeitsstrukturen aufbauen, Arbeitsabläufe selbst gestalten, Ziele der Arbeit selbst bestimmen können,ist für uns eine erstrebenswerte Alternative zum effizienzorientierten, kapitalistischen Lohnarbeitssystem.
Wir machen Erfahrungen mit dem Arbeiten im alltäglichen Baugewerbe und sind mit den normalen Strukturen des Angestelltendaseins nicht zufrieden. Der Ablauf ist unbefriedigend und hierarchisch. Es wäre schön, mit den Kolleg_innen eine politische Ebene zu teilen, sich die Projekte gemeinsam aussuchen zu können, nicht zwingend 40 Stunden die Woche arbeiten zu müssen und sich auch zu dem "normalen Wahnsinn", den unterdrückenden Strukturen von aussen, zusammen abgrenzen zu können, beziehungsweise gemeinsam einen Umgang damit zu finden. Deshalb machen wir uns Gedanken zu der sympathischsten Alternative: im Kollektiv zu arbeiten.
Es stellen sich für uns Fragen wie z.B.:
Ist die Kollektiv-Realität wirklich hierarchieloser, weniger effizienzorientiert und die Arbeit geringer? Wie sieht es mit Selbstausbeutung aus und woran gehen Kollektive auch kaputt? Wie sähen Perspektiven aus?
Es gibt unterschiedliche Dringlichkeiten und Motivationen ein Kollektiv zu gründen: Stress mit dem Jobcenter, der Wunsch, sich mit anderen zusammen durch prekäre Arbeitsverhältnisse zu manövrieren und/oder Kapitalismuskritik. Ob das Arbeiten im Kollektiv wirklich irgendwann die Arbeitsverhältnisse im Kapitalismus austauscht, ein revolutionärer Umbruch vorbereitet wird, oder Menschen sich einfach mehr Mitsprache und Selbstverwaltung in der Arbeit wünschen - auf jeden Fall kann Kollektivarbeit für all jene, die so in einem respektvolleren Miteinander und mit freieren Arbeitsbedingungen arbeiten, zu mehr Lebensqualität beitragen.
Wir haben einige Kollektive gefunden. Große und kleine, FLTI* [Frauen, Lesben, Transmenschen, Intersexuelle und alle anderen] oder gemischt-geschlechtliche, welche mit nur einem Gewerk und welche mit vielen, GmbHs und Netzwerk-Gebilde ... Wir fanden es spannend zu sehen, welche Erfahrungen Menschen in ihrer Kollektivarbeit machen. Wie es funktionieren kann ein Baukollektiv zu gründen, längerfristig in einem zu arbeiten, welche Schwierigkeiten und Möglichkeiten auftreten können, wollen wir im Folgenden auch anhand von Erfahrungsberichten aus diversen Baukollektiven und einer Art „how to kollektiv", darstellen.
„Was können Kollektive verändern? Naja, das ist wie bei allen so „Klassen“-Themen. Unterschiedliche Privilegien, unterschiedlicher Status, unterschiedliche Wertigkeit von Arbeit, unterschiedlicher persönlicher Mut zur Eigenverantwortung usw. verhindern mehr Kollektive. Ich meine natürlich, alles gemeinschaftlich kollektiv zu organisieren, würde die Welt verändern.“
„Wir waren im Handwerk aktiv, haben als Sub's und Sub's von Sub's gearbeitet. Wir waren abgenervt von den Arbeitsverhältnissen. Politisch haben Rassismus und Sexismus eine Rolle gespielt, so dass wir uns zusammen geschlossen haben, um ein Kollektiv oder Netzwerk zu gründen.“
Es gibt verschiedene Definitionen von Kollektiv. Uns hat u.a. ein Text von der Anarcho-syndikalistischen Gewerkschaft FAU (Freie Arbeiter_innen Union) aus Hamburg angesprochen: Das Kollektiv setzt die Prinzipien für eine basisdemokratischen und hierarchienfreien Struktur, indem die Arbeiter_innen selbst entscheiden, wie und wofür sie arbeiten.
Kollektiv ist eine Form der Arbeitsorganisation, die die Logik der konventionellen Betriebe bricht: man schafft andere Produktionstrukturen und humane Arbeitsbedingungen, die den ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen Alternativen entgegensetzt. Dies kann sehr unterschiedlich gestalten werden: Im Vordergrund steht die Verbesserung der Lebensqualität der im Kollektiv Arbeitenden sowie auch der ganzen Gesellschaft, da Alternativen zur Marktwirtschaft entwickelt werden. Es ist eine basisdemokratische Organisation und Verwaltung, wo alle Kollektivistas gleichberechtigt und selbstbestimmt sind und selbst entscheiden, daran teilzunehmen. Es gibt keine (Fremd-)Ausbeutung und fremde Zielsetzung von Chef_innen zu Mitarbeiter_innen, weil es keine Chef_innen und Mitarbeiter_innen im klassischen Sinne gibt, vielmehr stehen alle hierarchielos auf der gleichen Ebene. Anders formuliert: alle sind Chef_innen und Mitarbeiter_innen gleichzeitig.
Die Kollektive sollen Alternativen zur Marktwirtschaft entwickeln: die Dienstleistungen und hergestellten Produkte zielen nicht auf Werte wie Profit und Markterfolg ab, sondern auf eine gesellschaftliche Nützlichkeit und ökologische Nachhaltigkeit... was auch immer darunter konkret zu verstehen ist. Normale Betriebe sind auf anderen Werten aufgebaut: Informationen und Befehle, wie z.B. die Regelung der Arbeitszeiten, laufen von oben nach unten. Solche Strukturen ähneln einer traditionellen Familie mit einem strengen Vater oder einer kirchlichen oder religiösen Organisation, wo der Glaube fest ist und nicht in Frage gestellt werden darf. Oder noch schlimmer: der Armee ... Keinesfalls lässt diese Struktur Menschen die Freiheit, sich selbst zu entwickeln, lustvoll Verantwortung zu übernehmen, eigene und kollektive Kreativität zu entfalten.
Mit den anderen Bedingungen im Kollektiv soll auch ganz konkret die Arbeitspraxis anders aussehen. Arbeiten soll nicht mehr eine entfremdende Sache sein: Selbstbestimmung der eigenen Arbeit, Zufriedenheit mit der geleisteten Arbeit und den hergestellten Produkten, persönliche bzw. menschliche Entwicklung, Gerechtigkeit…
Die Idee von Eigentum und Gewinn orientieren sich an der Gemeinnutzung. Damit ist gemeint, dass Privateigentum und Kapitalvermehrung keine Ziele sind, sondern dass diese auch für Menschen ausserhalb des Kollektivs nützlich sind und allen einen würdiges Leben ermöglichen sollen. Die Kollektivmitglieder kann man auch als „Betreiber_innen“ einer Firma verstehen. Dieser Aspekt ist für die Gründung, der grundsätzlichen Ausrichtung und der Auflösung eines Kollektivbetriebes interessant.
Die Gewinne und Überschüsse des Kollektivsbetriebs können verschiedenen Zwecken folgen: (a) die Verbesserung der realen Arbeits-und Lebensbedingungen der Kollektivistas durch die Erhöhung der Einkommen oder Senkung der Arbeitsstunden, (b) Verbesserungen der Zugänglichkeit der Produkte oder Dienstleistungen von der Gesellschaft durch die Senkung des Konsument_innenpreis, (c) die Förderung des Aufbaus herrschaftsfreier Strukturen.
Die Entlohnung ist ein wichtiger Teil: Ein einheitlichen Stundenlohn, alle verdienen das gleiche pro Stunde. Auch hier können andere Aspekte berücksichtigt werden: Betreuung von Kindern oder Eltern, unterschiedliche Mietkosten (bei gleicher Wohnqualität), Behinderung, Krankheiten ... Das Entlohnungssystem muss transparent sein. Besondere Qualifikationen, akademische Titel, die Position im Betrieb, gutes Aussehen, besonderes Verhandlungsgeschick etc. sollten dabei keine Rolle spielen.
Alle Mitglieder sind gleichberechtigt, die Entscheidungsstrukturen sollten konsensorientiert sein. Es werden also nur Entscheidungen gefällt, bei denen alle Meinungen berücksichtigt werden.
Neue Modelle zu entwickeln heißt hier, Umgang mit ungleich verteilten Sachkompetenzen und Vorerfahrungen, Verantwortlichkeiten, Befugnissen und Aufgaben etc. zu finden. Verschiedene Konzepte, z.B. die Rotation wichtiger betrieblicher Funktionen (sowie Aufgaben, die niemand machen möchte), gehören ebenfalls dazu.
Es ist auch wichtig in einem Kollektiv "andere" Tätigkeiten bei der Zusammenarbeit aufzuwerten, die bisher keine oder wenig Anerkennung erfahren haben – gesellschaftlich sowie innerhalb der Betriebe: Praktikant_innenarbeiten, Putzen, Verpflegung etc., die wenig sichtbar und repräsentiert sind.
Allgemeine Überlegungen zum Arbeiten im Kollektiv (Änderung der Wertstellung von Arbeit, Produkte und Dienstleistungen, Umgang mit unterschiedlichen Machtverhältnissen, diskriminierungs- und hierarchienfreien Strukturen) sowie konkrete Strategien und Vorgänge (Entlohnung, Überschuss, interne Regelungen...) sind Themen, die sich weiterhin im Prozess befinden und entwickelt werden (müssen). Die kollektive Arbeit ist ein Schritt nach vorne, ein Riss in das (Produktions-)System, indem Menschen individuelle aber vor allem auch gemeinsame Verantwortung für ihr Handeln im Bereich der Arbeit und Produktion übernehmen.
Das könnte heißen; weder auszubeuten noch sich ausbeuten zu lassen, weder unterdrücken noch sich unterdrücken zu lassen, weder unsinnige, entfremdete Arbeit zu machen noch von der entfremdeten Arbeit der anderen profitieren. Die Kollektive wachsen als eine reale Alternative –früher, jetzt, hier und überall in der Welt– manche sind allerdings unvollständige Versuche, mit Fehlern und Verbesserungsmöglichkeiten. Die Probleme sind da und Neue werden kommen –die Unterdrückungsmethoden von außen passen sich auch an und kommen mit neuen Masken und Begriffen verkleidet. Wachsam und aktiv bleiben auch gegen die neuen Formen von Flexibilitätskonzepten: Start-Ups produzieren Ungleichheit und Ausbeutung mit schönem und dynamischem Aussehen von individuellen Held_innen, die nur ganz individuelle Träumen verwirklichen wollen.Das reicht nicht um ein besseres Miteinander zu schaffen.
Kollektivarbeit heißt nicht nur gegen irgendwas Abstraktes zu kämpfen, sondern für irgendwas zu kämpfen. Bauen und selber machen: frei von Herrschaft und Diskriminierung und für ALLE gerecht.
Um eine innere verbindliche Struktur zu gewährleisten, reichen die rechtlichen traditionellen Strukturen nicht aus. Damit sich alle Kollektive möglichst lange halten können, verfassen einige Kollektive ein Statut. In diesem Statut sind gewisse Regeln, allgemeine Ziele des Projekts, Handhabungen mit Arbeitszeiten/teilung, Ein- und Austritt aus dem Kollektiv u.a.festgeschrieben.
Hier ein Modell für ein Statut:
www.union-coop.org/wp-content/uploads/sites/10/2016/09/union-coop-foederation-statut.pdf
Im Arbeitsalltag werden sich immer wieder Situationen auftun, in denen es darauf ankommt, dass das Kollektiv zusammen grundsätzliche Umgänge für ein gleichberechtigtes Arbeiten findet. Auch außerhalb der förmlichen Punkte im Statut. Diese förmliche Punkte benötigen eine reale Umsetzung- so stellten wir uns die Frage, wie das konkret aussehen könnte und wie andere Kollektive das machen.
Anstatt, dass wir um 7 Uhr morgens auf die Baustelle kommen und unser Chef uns die Arbeit für den Tag aufträgt , finden wir es interessant uns vorzustellen, wie eine gleichberechtigtere und selbstbestimmtere Aufgabenteilung aussehen könnte (z.B. wie könnten wir uns in einer Gruppe zusammen Arbeitszeiten z.B. aufteilen, "reale" Ziele für die Woche ausdenken, hinter der Arbeit und Arbeitsweise zusammen und nicht einzeln stehen...) bzw. wie Kollektive das machen:
„Für jede Anfrage übernehmen 2 Menschen Verantwortung und die Kommunikation mit der/dem Auftraggeber/in, sowie die Koordination der Baustelle. Durch einen Emailverteiler lassen sich interne Verantwortlichkeiten für verschiedene Baustellen spontan je nach Kapazität aufteilen. Alle Arbeit wird entlohnt, es gibt einen festen Stundenlohn und einen rotierenden Verantwortlichkeitsbereich, der sich um die Lohnbuchhaltung kümmert.“
„Wöchentliche Besprechung über Finanzstand, Aufträge rein-raus, Kalkulation,betriebswirtschaftliche Belange gemeinsam, aber immer vorbereitet von Einzelnen. Neue Vorhaben, wie Weiterbildung oder Schwierigkeiten untereinander werden hier zur Sprache gebracht.“
„Arbeitsteilung ohne Chef funktioniert bei uns leider oft chaotisch. Früher hatten wir wöchentlich ein Plenum, das haben wir aber abgeschafft, da wir nur noch zu viert sind, und uns sowieso täglich auf der Baustelle sehen. Manchmal treffen wir uns außerhalb zur Besprechung, aber nicht oft. Im Alltag ergeben sich die Aufgaben aus Fakten wie: wer hat ein Auto, wer hat den Auftrag besichtigt, wer kümmert sich um die Kunden, wer kann welche Arbeit besser usw...“
„Unser Grundkonzept ist es, dass wir regelmäßige Treffen alle 2-3 Monate haben, wo auch neue Leute dazu kommen können und wenn sie sich mit unserem Selbstverständnis einverstanden erklären, bekommen sie einen Forums-Zugang. Ein Forum mit Tops wie aktuelle Baustellen, Anfragen, etc ... „Dann ist es möglich, dass sich eine Gruppe für die Baustelle findet. Es gibt eine Mailadresse, die eine Person verwaltet, über die sich Auftragsgeber_innen melden können. Und sobald sich eine Gruppe gefunden hat, gehen zwei Leute in den Kontakt. Im Baualltag findet nach Möglichkeiten jeden Morgen eine Besprechung mit allen statt sowie am Ende des Arbeitstages um zu gucken, was gemacht wurde und um Feedback zu ermöglichen.“
„Wir versuchen möglichst transparent zu arbeiten. Jedes Treffen wird protokolliert und ins Forum gestellt, Baupläne ebenfalls. Es ist möglich, dass Menschen sich rausziehen, wenn sie überfordert sind. Es ist möglich, dass sich alle in jeder Tätigkeit einbringen können. De facto machen es nicht alle und es ist nicht der Anspruch, dass alles rotiert. Es sind verschiedene Konzepte und können in den verschiedenen Konstellationen und Teams ausprobieren.“
„Wir haben uns schon auf temporäre Hierarchien geeinigt. Das ist Teil unseres Selbstverständnis. Es muss auch ein bisschen Überblick da sein, damit Arbeit funktioniert. Und es ist einfach krasse Mehrarbeit, wenn alles viele Leute gleichzeitig machen/organisieren. Der Anspruch ist einfach, dass trotzdem alles transparent ist/alle Zugang haben zu den Informationen, wenn das Interesse da ist.“
„Eine Baustelle im Kollektiv zu managen ist etwas aufwendiger, weil mehr Sachen diskutiert werden. Für manche ist es auch schwer, zu den regelmäßigen Plena zu kommen oder manche wollen auch einfach keine verantwortungsvolle Rolle übernehmen.“
Manches an Wissen und Kompetenzen wird von unseren Chef_innen nicht beachtet oder niedriger bewertet. Da ich die deutsche Sprache nicht perfekt beherrsche, wurde ich aus bestimmten Aufgabenbereichen rausgehalten und auch geringer entlohnt. Abgesehen davon wurden andere meiner Kompetenzen an anderer Stelle, z.B. IT-Wissen nicht berücksichtigt. Das zeigte, dass von obiger Position aus Werte innerhalb der Kompetenzen festgelegt wurden und kein Ausgleich stattgefunden hat, bzw. auf Grund von ungleichem Wissensstand meine Position ausgenutzt wurde und dadurch ein ungerechtes Arbeitsverhältnis hergestellt wurde.
Wie können wir einen gerechten Umgang damit finden, dass manche Leute viel mehr als die Anderen in bestimmten Bereichen wissen oder können? Kollektive, die wir interviewt haben, gehen damit so um:
„Während der Arbeit wird versucht, Wissen weiter zu geben,fortwährend voneinander zu lernen, so dass es weniger einzelne 'Expert_innen' gibt. Das bezieht sich auch auf Bereiche wie Buchhaltung, Bürokram, Genossenschaftspflege, IT. Dazu werden je nach Kapazitäten auch Workshops angeboten. Dadurch werden Wissenshierarchien intern abgebaut und sonst ist es auch nicht so das Problem, dass da Unterschiede sind, sind auch unterschiedlich ausgebildet oder haben gar keine Ausbildung. Jede_r hat unterschiedliche Zugänge zu Dingen und Kompetenzen,...solang ein respektvoller Umgang miteinander da ist.“
„Muss halt akzeptiert werden, wobei schon davon ausgegangen wird, dass sich ein_e Jede_r nach `Kräften´ bemüht. „Jeder nach seinen Fähigkeiten und das gemeinsam“.Jede Kompetenz hat auch Mankos, und die versuchen wir ja zusammen auszugleichen.“
„Gemeinsame Arbeit und den Ansprüchen der Auftraggeber_innen gerecht werden, ohne dass alle "Fachpersonal" sind, gewährleisten wir, indem einfach immer genügend dabei sind, die sich auskennen. Aber unser Anspruch ist schon, dass auch Leute, die "ungelernt" sind, mitarbeiten können und trotzdem dasselbe verdienen wie andere auch. Dass der Leistungsgedanke nicht im Vordergrund steht.“
„Genügend ausgebildete Facharbeiter_innen sind wichtig, um eine gute qualitative Arbeit zu leisten. Es gibt auch Leute, die Teilzeit arbeiten, die nebenbei arbeiten und welche, die komplett von der Kollektivarbeit leben. Man muss klären, ob das für alle so passt. Es muss genügend Leute geben, die sich trauen und kompetent sind.“
Wenn ich meine Menstruation habe, bin ich auf dem Bau weniger belastbar. In dem Arbeitsverhältnis, in dem ich mich momentan befinde, ist es nicht möglich, an den Tagen Ausnahmen zu machen und an anderer Stelle zum Beispiel dafür wem anders mehr Arbeit abzunehmen. Dazu und auch zu anderen Situationen, in denen wer nicht in der Lage ist auf der Baustelle zu funktionieren, fragen wir uns, ob das in einem Kollektivbetrieb anders funktionieren kann. Einzelne mehr aufeinander acht geben, Verständnis haben für unterschiedliche Lebenslagen, weil der Fokus eben nicht nur auf der schnellen, effizienten Arbeitsweise liegt, sondern menschliche Faktoren mehr Gewicht haben können…
Beispiele von Kollektiven:
„In der Anfangszeit haben wir einfach zusammengehauen was jeder konnte oder bedarfsgerecht den `Mangel´ verteilt, also Wohnen z.B. als Grundbedürfnis für jeden gleichermaßen gedeckt, weil keiner was dafür kann, wenn keine günstige Bleibe zu ergattern war / natürlich im Rahmen - keine Villa oder so. Und darauf noch was zum Leben. Mittlerweile(30 Jahre!)sind wir auf der Ebene des Tariflohns plus a bisserl mehr angelangt und die Unterschiedlichkeiten haben sich abgeschliffen. Grundsätzlich gilt bei uns das Prinzip `gleicher Lohn für gleiche Arbeit´, wir arbeiten Vollzeit 40–Stunden-Woche und das Ziel weniger zu arbeiten besteht ja wohl für alle – insofern versuchen wir die Arbeitszeit im nächsten Jahr auf 37h zu senken. Es gibt Ausnahmen auf Antrag: Eine von uns hat ein Fernstudium begonnen und arbeitet nur 4 Tage, ein anderer wollte nur unter der Bedingung 4-Tage-Woche einsteigen und die Anderen haben´s eben akzeptiert, weil sie ihn wollten. Ebenso gibt´s Reiseauszeiten, teilweise über Monate. Alles muss einfach besprochen werden und mit dem Betriebsablauf koordinierbar sein und es darf eben nicht einseitig werden.“
„Da es in einem kollektiven Rahmen möglich ist mehr aufeinander zu achten, indem selbstbestimmt z.B. Raum für spezielle Plena geschaffen wird, um Schwierigkeiten und unterschiedliche Bedürfnisse zu besprechen, kann ein wertschätzender Umgang miteinander möglich sein. Einmal im Monat findet ein solches Plenum statt. Je mehr Mitglieder durch den bewussten Austausch Verständnis auch für die anderen Lebensbereiche der andern haben, desto mehr können psychischen Krisen, Schwangerschaften, Arbeitsauszeiten mitgetragen werden. Für Menschen, die Kinder betreuen, sind die Arbeitszeiten flexibler. Wenn es eng ist, wird auch auf Subunternehmer_innen zurückgegriffen, oder zeitweise werden Überstunden gemacht.“
„Bei Krankheiten arbeiten die Anderen für einen mit. Ebenso bei Krisen. Bisher funktioniert das gut. Ist dann anstrengend für die Anderen, aber es funktioniert.“
„Letztes Jahr hatte eine Person ne langwierige Verletzung und wollte trotzdem mitarbeiten. Dann haben wir das ausprobiert, dass sie mehr in der Planung ist...der Anspruch ist da, dass alle mit ihren Fähigkeiten und in ihren verschiedenen Situationen mitmachen können. Letztlich müssen wir aber trotzdem Leistung bringen. Das ist manchmal schwierig. Mein Anspruch ist es auf jeden Fall ein solidarisches, freundschaftliches Miteinander zu haben und füreinander da zu sein.“
Wie lässt sich mit äußeren Grenzen innerhalb der kapitalistischen Strukturen umgehen? Immer wieder sind Handwerksbetriebe Repressionen von staatlichen Strukturen, dem Zoll, dem Finanzamt, der Handwerkskammer ausgesetzt, wenn z.B. gewisse Richtlinien in Arbeitsabläufen nicht befolgt werden können oder nicht die nötigen Arbeitspapiere da sind. Auch durch den Meisterzwang ist es Handwerker_innen oft nicht möglich, ohne einen Meisterbrief einen Betrieb zu führen.
Gibt es unterstützende Strukturen von aussen? Wie gehen Kollektive mit Konkurrenzdruck, aber auch mit Sexismus, Rassismus etc. auf dem Bau um?
„Zu unserem Selbstverständnis zählt, dass wir keinen Bock auf diskriminierendes Verhalten haben. Zum einen sind wir da auf die Kritikfähigkeit der Einzelnen angewiesen, und dass Menschen, die Lust haben mit uns zu arbeiten das auf dem Schirm haben. Nach außen ist es oft schwierig mit "normalen", also diskriminierenden, Umgangsformen umzugehen. Es wird immer so sein, dass andere Gewerke Diskriminierungen an den Tag legen und/oder mit uns hierarchisch umgehn, uns anschreien.. Wir wissen uns da zu helfen uns können als Gruppe dem etwas entgegensetzen,...aber es ist trotzdem immer wieder ein großer Nervfaktor.“
„Wem gegenüber gilt es Interessen durchzusetzen?! Institutionelle Strukturen von außen, die sich speziell um Kollektivinteressen kümmern gibt es nicht. Was jedoch sehr viel zum Ausbau und zur Unterstützung kollektiver Strukturen beigetragen hat und immer erweitert werden sollte, ist ein großes Kollektivnetzwerk. Auch durch das Netzwerk lässt sich Arbeit unter Kollektiven teilen, Soli-Baustellen sinnvoll aufteilen. Es ist wichtig die Ressourcen untereinander zu nutzen. Sich sowohl mit Konzepten wie der solidarischen Werkzeugteilung zu unterstützen (es gibt Werkzeuge, die wir nicht täglich brauchen, uns aber untereinander ausleihen - so stehen sie auch nicht unnütz rum), Krankengeld zu gewährleisten und vor allem die Möglichkeit zu haben, auf die Erfahrungen anderer zurückzugreifen (auch unterschiedliche Gewerke, die miteinander arbeiten). Voneinander zu lernen. Das alles führt auch dazu, mit Repressionen und Zwängen von außen besser umgehen zu können. Einige Kollektivist_innen entscheiden sich bewusst für prekäre, jedoch selbstbestimmte Arbeitsbedingungen - durch den Willen, andere unterstützen zu wollen, soziale Projekte verwirklichen zu können.“
„Wir sind mit anderen Kollektiven vernetzt und haben uns, z.B. bei der Ag-Beratung, zu den Rechtsformen beraten lassen. Das wären dann auch Ansprechpartner für solche Fälle, wenn es zu einem Rechtsstreit kommt oder das Finanzamt reingrätscht...an unterschiedlichen Standorten zu sein ist ein Vorteil...Wenn wir an einem Ort wären, würden wir sofort Ärger mit den Zimmereibetrieben bekommen. Wir haben uns eher für das Risiko entschieden... Wir haben keinen Bock, Meister zu machen und einen klassischen Betrieb zu gründen, diese ganzen Beiträge zu zahlen...was aber auch heißt, dass wir offiziell nicht ausbilden dürfen...“
„Bei einem Kollektiv, das verschiedene Gewerke vereint, werden Projekte auch teurer. Firmen, die sich z.B. auf Möbelbau spezialisiert haben, können Produkte schneller und günstiger herstellen. Viele Kund_innen schätzen allerdings auch die individuelle Arbeit, unkomplizierte Wege zu gehen, auch mitbauen zu können, arbeiten mit ökologischeren Baustoffen. Und wollen auch dementsprechend entlohnen. Im Gegenzug lässt sich für Projekte, die es sich nicht anders leisten können so einen Soli-Lohn aushandeln, wo laufende Kosten nicht gedeckt werden können.“
„Es kommt auch vor, dass bei Baustellen natürlich Fristen gesetzt werden müssen, die wir nur mit Überstunden und Stress einhalten können. Generell wird versucht zu umgehen, nicht mit konventionellen, größeren Firmen, die auf Profitmaximierung aus sind, zu arbeiten, um unter anderem genau dem Stress zu umgehen. Die Hälfte der Auftragsgeber sind Hausprojekte, die den Anspruch haben, fair zu bezahlen und Kollektive zu unterstützen. Nachteil dabei ist, dass Entscheidungen womöglich langwieriger zu treffen sind, weil es sich meist um eine größere Gruppe, nicht-hierarchisch strukturierter Menschen handelt, die dann bei den Baubesprechungen dabei sind. Hier gibt es den Versuch durch eine AG Bauplanung zu vermitteln zwischen ausführenden Gewerken und Bauherren, um Gruppenprozesse zu beschleunigen, zu strukturieren und am Schluss trotzdem eine Konsensentscheidung zu haben. Bisher hat es gut geklappt, auch soziale Projekte zu finden, die andere Schwerpunkte haben und gerne auch humane Arbeitsverhältnisse unterstützen. Arbeit gibt es immer genug.“
„Leute mit nem Meisterbrief können auf dem konventionellen Bau viel mehr Geld machen. Gut ausgebildete Leute tun sich das vielleicht auch gar nicht an mit den ganzen Plena usw..das sind natürlich andere Voraussetzungen. Es ist halt eher ein idealistischer Anspruch und gleichzeitig versuchen wir die Selbstausbeutung nicht zu groß werden zu lassen. Das ist natürlich auch immer ein Dilemma.“
„Immer wieder muss eine Prüfung des Genossenschaftsverbands abgelegt werden. Darin geht es um die Prüfung des rechtmäßigen Umsatzes, Gewinn, ob Versammlungen eingehalten werden, etc...Dafür bedarf es schon einer gewissen kontinuierlichen Organisation im Kollektiv.“
„Leider gibt es kaum Handwerksbetriebe, die kollektiv arbeiten. Das liegt aber nicht nur an den blöden Chefs, sondern auch daran, dass das mit der Verantwortung für viele zu ungewohnt und zu anstrengend ist. Und wie immer das liebe Geld. Zudem bewegen wir uns in einer eher akademisch geprägten linken Welt, die auf Dauer den „niedrigeren“ Status auch nicht leben will (ohje, große Worte, aber das ist mein Eindruck, warum zwar viele ins Handwerk reinschnuppern, aber nur sehr wenige dabei bleiben). Eigentlich glaube ich, dass sich fast alle Arbeitsbereiche gemeinschaftlicher organisieren ließen.“
„Unsere Grenzen sind das Älterwerden im Handwerkskollektiv. Wie soll das gehen? Dafür haben wir keine Lösung, inkl. keine kollektive Rentenabsicherung und überhaupt: das mit dem Geld. Wir verdienen deutlich weniger als andere und könnten ein bürgerliches Leben mit Einfamilienhaus und Kindern usw. nicht finanzieren, glaube ich. Dafür haben wir nicht so Stress.“
„Da wir unsere Arbeitskraft verkaufen müssen, sind allen emanzipatorischen Bestrebungen Grenzen gesetzt und es müssen Kompromisse ausgehandelt werden, so dass wir ein einigermaßen gutes Leben im falschen Ganzen führen können. Kraft dafür gibt uns das Wissen, damit nicht allein zu sein.“
„Mit der FAU haben wir bereits Kontakt aufgenommen und einige sind auch schon an ihren jeweiligen Wohnorten in die Ortsgruppen eingetreten. Hier sehen wir eine gute Möglichkeit uns weiter zu vernetzen, Öffentlichkeitsarbeit zu machen und unsere Erfahrungen, z.B. mit beschissenen Arbeitsbedingungen, einzubringen. Viele, die konventionelle Baufirmen beauftragen, wissen oft wenig über die z.T. extrem ausbeuterischen Strukturen im Baugewerbe, z.B. die schlechten Arbeitsbedingungen, Unterkünfte und Lohnsituation. Damit hat die FAU bereits Erfahrung und wir können uns einbringen. Die FAU ist auch für uns interessant, weil sie direkte Aktionen in Arbeitskämpfen oft durchführt. Viele von uns sind Selbstständige und somit weichen unsere Arbeitskämpfe oft von denen der "Angestellten" ab.“
„Meisterzwang sehen viele von uns kritisch. Das ist ja auch das, was Vielen von uns im Wege steht: Dass wir eigentlich Handwerk überhaupt nicht ausüben dürfen, was wir aber machen... und dafür immer irgendwelche bescheuerten rechtlichen Schlupflöcher suchen müssen. Es gibt halt viele Beispiele von Leuten, die mit coolen Ideen angefangen haben Betriebe zu gründen. Und ich finds so mäßig, was draus wurde. Die Angst war auf jeden Fall auch bei uns da, dass es exklusiv wird und Leute ausschließt, wenn wir ne festere Struktur sind.“
„Uns ist aufgefallen, dass es viele gibt, denen der Aufwand (Plenum, Diskussion, Planung im Kollektiv usw.) zu viel werden kann. Die Realität auf dem Arbeitsmarkt ist eine andere. Gesunde, flexible und versierte "Handwerker" können sich in manchen Fällen gut verkaufen und "man" kann die privilegierte Seite des Kapitalismus genießen. Ein Kollektiv bedeutet, Verantwortung nicht nur für sich selbst zu übernehmen. Ein in der Linken beliebter Lebensstil von Freiheit, Flexibilität und Unverbindlichkeit ist im Sinne von "no future", kann in einem Kollektiv konträr zu den Bedürfnissen Anderer stehen. Genau da sehen wir uns als Netzwerk, denn es ist auch super wichtig einen regelmäßigen Austausch mit Menschen zu haben, welche in "konventionellen" Zusammenhängen arbeiten. Wir möchten uns nicht spalten, sondern unsere verschiedenen Positionen akzeptieren.“
In unserer Vorstellung können, abgesehen vom Arbeiten in einem Kollektiv, Entwicklungen bezogen auf Alternativen im kapitalistischen System noch weiter gehen. Kollektive können, entgegen dem herkömmlichen Lohnarbeiten unter einer_einem Chef_in, ökologische und humane Aspekte in der Auswahl der Projekte berücksichtigen, vielleicht sogar zusammen Baumaterialien aus gemeinsam bewirtschafteten Waldstücken erhalten und/oder anderweitig Material aus regionalem, nachhaltigem Anbau nutzen. Darüber hinaus kann auch überlegt werden, ob ein zukunftsorientiertes Wohnen in einem Mehrgenerationenwohnprojekt und/oder Einzahlen in eine gemeinsame Kasse zur Altersvorsorge sinnvoll ist. Somit also auch in anderen Bereichen sich den kapitalistischen Zwängen entgegenzustellen und Verantwortung füreinander zu unternehmen, anstatt auf staatliche Strukturen zu vertrauen.
Erfahrungsberichte von Kollektiven:
„Klar, wir unterstützen auch andere Projekte, schon mit 2 Beiräten im NETZWERK, politische Aktionen eh schon seit Wackersdorf / rund um den Bauzaun haben wir uns teilweise gefunden. Direkt bezüglich Veränderungen der Arbeitssituation bauen wir wenig Mist; keine Spanplatten, wir haben aufgehört zu lackieren, na solche Sachen, die wir nur kollektiv verändern konnten, einem Chef braucht man so nicht zu kommen.“
„Durch die Selbstbestimmung ist es zumindest in gewissen Rahmen möglich, Holzbaustoffe zu verwenden sowie spezielle, regionale Händler_innen, nachhaltige Forstwirtschaft und soziale/politische Projekte zu unterstützen.“
„Wir haben parallel alle auch noch andere Sachen am Laufen, wo wir irgendwie arbeiten gehen...es gab jetzt nie ne Gruppe, wo wir gesagt haben: jetzt wirtschaften wir konkret ein Jahr zusammen. Das Bedürfnis und die Idee gibts, aber es ist jetzt erst seit nem Jahr so, dass es so viele Aufträge gibt, dass wir nicht hinterher kommen. Das ist erstmal so eine Grundvoraussetzung. Und dann gehts auch wieder um fachliche Kenntnisse usw...gibts genug Leute die Ahnung haben von Bauplanung, gibts Leute, die sich das zutrauen? Und dann gibts natürlich auch viele Ängste, ...dass man sich nicht soviel zutraut, wie man eigentlich machen könnte. So gesehen hat ein konventioneller Betrieb auch viele Vorteile, mit Verbindlichkeiten,.. aber wir arbeiten darauf hin, mit ner Gruppe verbindlich zusammen zu arbeiten.“
„Längerfristig stellt sich die Frage wie z.B. in dieser Struktur auch mit Altersarmut umgegangen werden kann. Gewünscht sind zum einen immer mehr Kollektivstrukturen, viele kleine Zellen, die längerfristig zusammen mehr erreichen können. Wenn Menschen mit einem Minijob eingestellt werden, kann nicht unbedingt in eine Rentenversicherung eingezahlt werden (abgesehen davon, dass es ohnehin sehr fragwürdig ist, inwiefern auf die Rentenversicherung in ein paar Jahren noch zurückgegriffen werden kann). Mehrgenerationenhausprojekte, eine solidarische ökonomische Struktur finden, aus der eine gemeinsame Kasse hervorgeht, mit der unterschiedliche Bedürfnisse gedeckt werden können - das könnten Ideen sein, längerfristig Altersarmut entgegenzuwirken.“
„Wir arbeiten eher in losen Zusammenhängen. Wir arbeiten zwar für das gleiche Geld und gucken, was wir dann teilen in dem Zeitraum, aber wir haben jetzt noch keine gemeinsame Ökonomie... Das würde für mich langfristig auch dazu gehören. Aber an dem Punkt sind wir noch nicht. Doch das ist ok, das braucht Zeit.“
„Mein Ideal ist einfach, dass es ganz viele Kollektive gibt, alle in ihren jeweiligen Bereichen, wo sie lohnarbeitstechnisch unterwegs sind, sich kollektiv zusammenschließen sollten...das gibts ja auch schon: Hauskollektive sind vernetzt, Landwirtschaftskollektive sind vernetzt... Aber jetzt so inter-berufsmäßig wäre es einfach schön, wenn es noch mehr gäbe und irgendwann die konventionellen Arbeitsstrukturen überflüssig würden.“
Eine spezielle Rechtsform nur für Kollektive gibt es nicht, da bei allen Formen formelle Ämter eingenommen werden müssen und somit zumindest offiziell nie alle gleichbeteiligt agieren/haften. Hier wollen wir verschiedene mögliche Formen kurz vorstellen.
Es besteht in einigen Gewerken der sogennante Meisterzwang. Das heißt, die Handwerkskammer (HWK) kontrolliert und erlaubt eine Gewerbegründung nur, wenn eine Person einen Meisterbrief besitzt. Theoretisch kann auch nur dann ausgebildet werden. Trotzdem gibt es viele Möglichkeiten, auch als Gesell_innen oder Ungelernte Bauleistungen anzubieten und auszuführen. Hier gibt es Infos dazu:
http://www.buhev.de/2002/10/selbststaendig-ohne-meisterbrief.html
Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Sie ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB § 705) geregelt. Für die Gründung ist kein Mindestkapital erforderlich. Es müssen mindestens zwei Gesellschafter_innen dabei sein. Die Verantwortung bzw. Haftung wird mit dem Privatvermögen gedeckt. Nach der Gründung einer GbR muss die Anmeldung beim Gewerbeamt erfolgen.
„Wir hatten zuerst eine GbR [...] da wir kein Geld/Kapital zur Firmengründung hatten, der Nachteil ist definitiv, dass der Einzelne unbegrenzt haftbar ist mit seinem Privatvermögen [...] die Administration ist einfach zu handeln.“
Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Die Vorschriften sind im Handlungsgesetzbuch (HGB § 238–342a) enthalten. Dafür braucht man ein Startkapital von 25.000€. Die Haftung wird nicht mit dem Privatvermögen gedeckt, sondern mit dem Kapital der Gesellschaft. Eine Anmeldung beim Gewerbeamt ist erforderlich, um die Aktivität ausüben zu dürfen.
„Ab drei Gesellschaftern kann man sich selber in der eigenen Firma [als Gmbh] offiziell anstellen und wenn´s mal schlecht läuft, kann man sich auch arbeitslos melden. Nachteil ist die doppelte Buchführung und komplizierte Administration.“
Die GbR und GmbH sind die zwei häufigsten Formen einer Betriebsorganisation, die es bei (Handwerks-)Betrieben gibt. Beide stellen eine "normale" Betriebsstruktur mit Chef_innen und Mitarbeiter_innen dar. Für ein Kollektiv sind diese Formen die rechtliche Grundlagen nach außen, die nicht in erster Linie etwas mit der inneren Organisation zu tun haben. Interne Regeln sollten dazu explizit, beispielsweise durch ein Statut, festgelegt werden.
Die eingetragene Genossenschaft ist im Genossenschaftsgesetz (GenG) geregelt. Es ist die traditionelle Organisationsform von Betrieben in einer wenig hierarchischen Form: alle Beteiligten bzw. Arbeitenden sind gleichberechtigte Teile der organisatorischen Struktur. Sie nehmen ebenfalls Einfluss auf die Entscheidungsprozesse durch ihre formelle Struktur: einen Vorstand, einen Aufsichtsrat (nur wenn mehr als 20 Mitglieder), eine Generalversammlung. Es braucht mindestens drei Mitglieder um eine eG zu gründen. Es gibt auch Beispiele von sehr großen Betrieben mit Hunderten von Mitgliedern. Die Genossenschaft haftet mit dem Vermögen der Genossenschaft, das heißt, hier sind auch die einzelnen Menschen persönlich und individuell abgesichert. Es ist kein Mindestkapital erforderlich, aber bei der Eintragung wird vom Genossenschaftsverband geprüft, ob das Eigenkapital angemessen ist. Die spezielle Eintragung beim Genossenschaftsregister und Gewerbeamt ist auch erforderlich.
Viele Handwerker_innen arbeiten selbständig alleine oder im Kollektiv mit einem Reisegewerbe. Das Reisegewerbe ist eine berufliche Tätigkeit, die keine Geschäftsräume erfordert und außerhalb der Räume einer gewerblichen Niederlassung stattfindet. Ein Reisegewerbe betreibt, wer gewerbsmäßig ohne vorhergehende Bestellung außerhalb seiner gewerblichen Niederlassung oder ohne eine solche zu haben, selbstständig oder unselbstständig arbeitet. Werbung durch Umschreibung konkreter Leistung ist nicht erlaubt, Werbung im Sinne des Verbraucherschutzes (Visitenkarte, Briefkopf etc.) ist hingegen erlaubt. Das Gewerbeamt definiert, ob der Gewerbeschein gerechtfertigt ist und verlangt eine Gebühr von 30€ bis 400€ für den Schein.
Bei Sach-und/oder Personenschäden ist eine Betriebshaftpflichtversicherung zu empfehlen. Es besteht aber keine Pflichtversicherung in dem Fall.
Alle Mitarbeiter_innen müssen bei der entsprechenden Berufsgenossenschaft (BG) angemeldet werden. Einzelunternehmer_innen müssen ihr Gewerbe bei der BG anmelden, sind aber (bis auf Ausnahmen) in der Regel nicht pflichtversichert. Bei meisterpflichtigen Gewerken ist der_die Unternehmer_in verpflichtet, in die Rentenversicherung einzuzahlen.
„Wir befinden uns im Prozess, was die Rechtsform angeht. Viele möchten frei als Selbstständige zusammen arbeiten. Andere denken über die Gründung einer Genossenschaft nach. Allerdings ist es in einem solch großen Zusammenhang kaum möglich, eine einheitliche Lösung zu finden. Jede Geschäftsform hat ihre Vor-und Nachteile. Über allem steht die Verantwortung für haftende Personen. Es gibt in Deutschland keine perfekte Rechtsform für kollektives Arbeiten. Es liegt im Interesse von Staat und Behörden immer auf klare Hierarchien und Verantwortliche zugreifen zu können. Eine Rechtsform, in der alle gleichberechtigt haften und Entscheidungen treffen können, haben wir noch nicht gefunden. Zumindest nicht ohne einen enorm hohen bürokratischen Aufwand.“
Hier ein paar Links zu Projekten, Kollektiven die (auch) versuchen ganzheitliche Ansätze zu verwirklichen:
www.ohne-chef.org www.buhev.de www.kollektiv-bauen.net/baukollektive www.kollektiv-betriebe.org www.direkteaktion.org/210/konzept-kollektivbetriebe www.prolongomai.ch www.kollektiv-bauen.net