Mobbing

Lehrjahre sind keine Herrenjahre ist eine gern genutzte Ausrede altgedienter Handwerker, um ihren persönlichen Frust regelmäßig und mit Schadenfreude an Auszubildenden abzureagieren. Oft genug nimmt das systematische Züge an, die zu Isolation, Zweifeln, Selbsthass, Angst und ernsten psychischen Problemen bei Auszubildenden führen. Sprich: Mobbing. Wir finden, dass durch die hierarchische Struktur der Betriebe (wie auch der Gesellschaft) bereits der Grundstein für Mobbing gelegt wird. Scheiße fällt immer nach unten. Wenn es Leuten dreckig geht, lassen sie ihren Frust an denen aus, die vermeintlich unter ihnen stehen. Vor ein paar Jahrzehnten wurden Auszubildende noch geschlagen. Nachdem das rechtlich verboten ist (kommt dies nur noch selten vor), wird nun emotional und strukturell Macht ausgeübt. Als Auszubildende sollen wir die unterste Stufe der Betriebshierarchie annehmen und am liebsten die Fresse halten. Nun, wie bei so vielen Dingen liegt es an uns, wie wir damit umgehen. Zuallererst möchten wir, dass du verinnerlichst, dass nicht du irgendwas falsch gemacht hast und deswegen gemobbt wirst, sondern das der/die Täter*in ein Problem hat, was er/sie an dir abreagiert. Lass dir nichts einreden.

Chefs, die einen nur anschreien. Kollegen, die jeden kleinen Fehler nutzen um dir zu sagen, was für ein schlechter Handwerker*in du bist. Eine Arbeitsstruktur, in der du alle schweren, stumpfen oder unangenehmen Arbeiten machen sollst. Es gibt so viele Arten des Mobbing. Und genauso viele Möglichkeiten darauf zu reagieren. [weitere Differenzierung, welche Arten von Mobbing es gibt -> im Auto immmer hinten sitzen..., "wenn du abends Zuhause sitzt und es dir schlecht geht", in Betriebsorganisation nicht beteiligt werden]

Der ganze Scheiß hört erst dann auf, wenn du etwas dagegen machst. Erfahrungsgemäß haben die meisten Leute, die in ihrer Ausbildung gemobbt, sprich systematisch diskriminiert und fertig gemacht worden, den Betrieb gewechselt. Mit den vergangenen Erfahrungen könnt ihr vielleicht im neuen Betrieb eher verhindern, dass es überhaupt dazu kommt, indem ihr rechtzeitig interveniert. Wenn ihr aber nicht gerade eine reflektierte Belegschaft in einer unstressigen Arbeitsatmosphäre erwischt, sind die Chancen hoch, dass ihr wieder die Frusthalde von allen anderen werdet. Was ist also zu tun?

Am wichtigsten ist sicher, eure Eindrücke und Erlebnisse mit anderen Personen, die die Geschehnisse objektiv betrachten können, zu besprechen. Noch einmal, lasst euch nicht einreden, dass ihr Schuld seid, an dem Haufen Scheiße, der auf euch abgeladen wird. Reflektiert mit anderen Menschen die hierarchischen Strukturen, in die uns das kapitalistische System drängt und versucht nachzuvollziehen, wie dieser ganze Frust, der schließlich bei euch landet, gesellschaftlich und sozial entsteht. Wenn du die Ursachen erkennst (im privaten, Betriebsalltag, sozialer Status, Geldprobleme, Stress...), lassen sich leichter Lösungen finden. Unterhaltet euch doch mal in der Berufsschulklasse über das Thema und hör mal, wie es in anderen Betrieben abläuft. Sprich das Thema an. Wie so oft, allein machen sie dich ein.

Desweiteren wird auf einschlägigen Internetseiten vorgeschlagen, eine Art Mobbing-Tagebuch zu führen, in dem ihr alle Erlebnisse und Übergriffe eintragt. Für spätere, eventuell rechtliche Schritte, kann das von Vorteil sein. Wenn es euch möglich ist, sprecht die Übergriffe und Situationen im Betrieb an. Macht die andere Person drauf aufmerksam, dass sie euch mit euren Verhalten schadet und lasst euch nich abwiegeln a la "jetzt hab dich nicht so". Hilfreich ist nicht zu sagen "Sie kritisieren mich ständig!" sondern "Ich fühle mich ständig von Ihnen kritisiert und oft empfinde ich die Kritik als nicht gerechtfertigt!". Das nimmt der angesprochenen Person im besten Fall etwas den Wind aus den Segeln. Gewerkschaften haben das Thema auf dem Schrim und können euch eventuell beraten. Zudem gibt es professionelle Beratungsstellen, die ihr auf der Internetseite www.work-watch.de unter den Suchbegriffen "Mobbing und Hilfestellung" findet. Oft hört Mobbing auf, wenn sich die betroffene Person Respekt bei Chef und Kolleg*Innen verschafft. Dass ist auf vielfältige Art und Weise möglich. Den Mund aufzumachen und eine eigene Meinung zu präsentieren, ist eine Möglichkeit. Leider haben wir auch schon erlebt, dass, sobald ein neuer Auszubildender im nächsten Lehrjahr in den Betrieb kommt, sich der Mobbing-Fokus verschiebt und dann sogar ältere Auszubildende mitmobben, weil sie endlich auch jemanden haben, der vermeintlich unter ihnen steht. Das ist das Allerletzte! Als Kollegen und vielmehr noch als Auszubildende sollten und müssen wir zusammenhalten. Wenn ihr am eigenen Leib erfahren habt, wie sich das anfühlt immer der Arsch zu sein, habt ihr die Verantwortung, anderen Menschen zu helfen, nicht die selben Erfahrungen machen zu müssen. Nur weil ihr da vielleicht auch durch musstet. Das ist Solidarität! Der Kit, aus dem die zukünftige, bessere Gesellschaft gebaut ist.

Noch einmal: Bitte, fresst nicht alles in euch hinein. Ihr werdet krank davon! Wir haben so viele Auszubildende interviewt, die gemobbt worden und die ernst Schäden davon getragen haben.

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